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Überfahrt Le Lavandou - Menorca, Bericht vom 7. September

Sonntag habe ich mir noch lange die Wettermeldungen angeschaut, die Entwicklung beobachtet, meine Route aufgezeichnet und mich entschlossen, die guten achterlichen Winde im Rücken eines Mistrals für die 280sm lange Überfahrt zu nutzen. Kurz vor 18 Uhr machte ich die Mooringleinen im Hafen von Bormes les Mimosas los und steuerte schon bald mit Kurs 172° den Balearen zu. Mit leichten Winden und etwas Motorunterstützung segelte ich in die erste Nacht hinein. Der Mond, noch fast voll, erhellte die Nacht, und dort, wo er senkrecht über dem Meer stand, machte er die See zu einem glänzenden Kornfeld. Da und dort erschienen immer wieder Gewitterzellen, aus denen Blitze zuckten.
Um meine Fahrt zu kontrollieren stellte ich den Wecker auf einen 30 – Minuten Rhythmus. Gegen 4 Uhr frischte der Wind auf, so dass ich auf die Motorunter-stützung verzichtete. Nur kurze Zeit segelte ich unter Volltuch, denn schon bald setzte ich das 1. Reff, dann das 2. und bei Tagesanbruch reduzierte ich auf Sturmbesegelung und kam mit 8kn noch immer ganz flott voran. Leider musste ich aber feststellen, dass mein Autopilot seine Dienste versagte und ich nun tatsächlich der einzige Steuermann an Bord war. Da ich mittlerweile schon ca. 1/3 der Distanz zurückgelegt hatte und mein Ziel in etwa 24h erreicht werden konnte, zog ich einen Abbruch meiner Fahrt nicht ernsthaft in Erwägung.
Der Wind frischte im Laufe des Tages immer mehr auf. Eine Gruppe Delphine zeigte mir auf der Rückseite der Wellen, dass ihnen das Spiel in der aufgerauten See Spass machte. Mittlerweile wehten die Winde stetig zwischen 35 bis 45 kn, in Böen zeigte der Windmesser auch einmal 50kn und mehr. Die Wellen hatten eine Höhe von ca. 5m erreicht. Manchmal wurde das Schiff von vorn, manchmal aber auch von hinten überspült. Die Wetterbedingungen liessen es nun nicht mehr zu, dass ich vom Steuer ging. Langsam schlich sich bei mir eine grosse Müdigkeit ein, ich war nun schon während 36h ohne Schlaf. Immer wieder ertappte ich mich dabei, wie ich in den Sekundenschlaf verfiel. Ich rechnete zudem, dass die Winde in der Nacht etwas abnehmen würden und entschloss mich daher beizudrehen. So hatte ich auch Gelegenheit, meine Position genau zu bestimmen und mich etwas hinzulegen. Das klappte recht gut, wobei mich aber die Schaukelei nicht in einen tieferen Schlaf verfallen liess. Nach einer guten Stunde nahm ich die Fahrt wieder auf.
Durch die zweite Nacht begleitete mich der Mond von Beginn weg. Die Abenddämmerung ging nahtlos in die Helligkeit der Nacht über. Und wieder zeigte mir der Mond meinen Weg. Der Wind nahm nicht ab und manchmal schob er mich bis zu 12kn die Wellentäler runter. Als ich gegen 3 Uhr morgens sicher war, das Licht des Leuchtturms von Cabo Cabelleria auf Menorca zu erkennen, gab mir das ein gutes Gefühl. Mit den stark reduzierten Navigationsmöglichkeiten wollte ich die Küste Menorcas erst bei Tagesanbruch erreichen und drehte daher noch einmal bei. Ich konnte mich so auch noch etwas auszuruhen. Als ich um 7 Uhr die Küste erreichte, war ich mir nicht mehr sicher ob ich an der Küste von Menorca oder Mallorca war. Erst als ich die Küste herunter segelte war ich mir sicher, vor Menorca zu sein. Auch drehte sich in mir der Kompass – die Sonne ging plötzlich im Westen auf!
Noch einmal frischte der Wind so richtig auf. An ein Ankermanöver oder an ein Anlegen in einem Hafen war nicht zu denken. Da ich nach der eindrücklichen Überfahrt nicht noch einen Schaden riskieren wollte, entschloss ich mich, meine Fahrt bis zur Lee-Seite der Insel fortzusetzen, um dort in einer geschützten Bucht zu ankern. Die Winde wurden nun etwas gleichmässiger und nahmen in der Stärke ab. In der Nähe von Mahon drehte ich noch einmal bei, um das Küstenhandbuch zu studieren. Der schöne und natürlich geschützte Hafen von Mahon machte es mir leicht meinen Entschluss zu ändern, um hier anzulegen. Gegen 13 Uhr fanden sich ein paar hilfreiche Hände beim Festmachen. Nach ca. 41h hatte ich mein Ziel erreicht. Ich klarte das Schiff auf und legte mich zu einem 14 stündigen Schlaf in die Koje! Und die Moral der Geschichte? Die Überfahrt war ein eindrückliches Erlebnis. Es war ein Tanzen auf und mit den Wellen. Ich war Teil eines faszinierenden Schauspiels von Wind und Wellen und zwar nicht als Zuschauer, sondern als Akteur. Natürlich gab es auch Augenblicke, in denen ich mich fragte, was ich hier alleine zu suchen habe, vor allem dann, wenn mein Magen rebellierte. Aber in keinem Augenblick beschlich mich ein Angstgefühl und dafür bin ich sehr dankbar. Ohne Angstgefühl fühlt man sich der Situation gewachsen und fällt vermutlich die besseren Entscheidungen.
Auch die Duo wurde einer Belastungsprobe unterzogen. Sie hat die Reise gut überstanden. Natürlich gibt es jetzt einige kleinere Schäden zu beheben, aber schon bald wird sie wieder flott sein, um weiter zu segeln. An alle die dieses Jahr noch mitsegeln: keine Angst, ich habe für dieses Jahr mein Abenteuer gehabt. In den kommenden Wochen wird es ruhiger zu gehen!1. September - los in Richtung MenorcaRegina, Roman und ich sind zusammen nach Südfrankreich gereist, um zusammen das Schiff nach den Balearen zu überführen. Leider machte uns der Mistral einen Strich durch die Rechnung. Es stürmte nur zwei Tage - aber dafür heftig. So sind meine beiden Kinder heute wieder unverrichteter Dinge in die Schweiz zurück gekehrt. Da sich der Sturm gelegt hat, werde ich die guten Winde nutzen und mich noch heute Abend auf den weg machen. Natürlich wird es auch für mich ein Abenteuer sein, einmal 48h alleine zu segeln - ein bisschen kribbelt's schon.
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